Masterstudium UK vs DE


Masterstudium im Ausland: Unterschiede zwischen Deutschland und Großbritannien
Falls du mit dem Gedanken spielst, ein Masterstudium in Großbritannien zu beginnen oder bereits eine Zusage für einen Studienplatz erhalten hast, fragst du dich sicher: Was kommt wohl auf mich zu? Wie sehr unterscheidet sich ein Studium im Vereinigten Königreich von einem in Deutschland? In diesem Beitrag erfährst du, welche Abweichungen es zwischen Studiengängen in den beiden Staaten gibt, damit du Unsicherheit überwinden und informierte Entscheidungen treffen kannst.
Dauer des Masterstudiums
Der wohl größte Unterschied zwischen deutschen und britischen Masterstudiengängen ist die Dauer des Studiums: Während ein Masterabschluss in Deutschland in der Regel vier Semester, also zwei Jahre, umfasst, dauert ein Studium in Großbritannien nur ein Jahr. Das hat natürlich den Vorteil, dass Studierende schneller in den Beruf einsteigen können.
Einteilung des akademischen Jahres
Des Weiteren ist das akademische Jahr im Vereinigten Königreich – anders als in Deutschland – nicht in Semester aufgeteilt, sondern in Trimester. Das Wintersemester beginnt an deutschen Universitäten bekanntlich im Oktober und dauert bis März, während das Sommersemester im April anfängt und sich bis Ende September erstreckt. An britischen Universitäten hingegen startet das erste Semester, auch Term 1 genannt, bereits Mitte September und dauert bis Dezember, gefolgt von Term 2, das von Januar bis Anfang April währt. Die Vorlesungszeiten während der ersten beiden Trimester umfassen dabei jeweils einen Zeitraum von 12 Wochen. Das letzte Trimester, die sogenannte Summer period, beginnt Ende April und dauert – je nach Universität – bis Anfang September. Während dieses Zeitfensters findet die Prüfungsphase (Exam period) statt, in der auch nicht bestandene Prüfungen aus vorangegangenen Semestern wiederholt werden können (referral and deferral).
Anwesenheitspflicht
Anders als in Deutschland, wo jedes Bundeland selbst entscheidet, ob an öffentlichen Universitäten eine Anwesenheitspflicht besteht oder nicht, herrscht eine solche Pflicht in ganz Großbritannien. Da du allerdings Studiengebühren zahlen musst, sollte das Ansporn genug sein, um keine Vorlesung und kein Seminar zu schwänzen.
Persönlichere Beziehung mit Dozierenden
Während deutsche Professor*innen ihre Vorlesungen gewöhnlich in großen, anonymen Vorlesungssälen halten und ihre Studierenden eher selten beim Namen nennen, suchen britische Dozierende aktiv nach dem Austausch mit ihren Studierenden und regen bewusst Diskussionen an. Abgesehen davon werden Lehrende (ebenso wie Lernende) geduzt und bevorzugen es meist, mit dem Vornamen angesprochen zu werden.
Sprachkenntnisse bei Nichtmuttersprachlern
Um überhaupt einen Studienplatz an einer britischen Universität zu erhalten, musst du zunächst ein Sprachzertifikat nachweisen können. Falls du dazu noch genauere Information brauchst, findest du sie in unseren Beiträgen zur Bewerbung an britischen Universitäten (Link zum Beitrag) und zu den gängigsten Englischzertifikaten: Zertifikate im Vergleich. Wenn du also einen Studienplatz erhalten hast, bedeutet das, dass du bereits über ausreichende Sprachkenntnisse verfügst. Mache dir also keine zu großen Sorgen, wenn dein schriftliches Englisch (noch) nicht perfekt ist und dir hin und wieder Fehler unterlaufen. Auch wenn gute Sprachkenntnisse wichtig sind, um verständliche, gut lesbare Essays zu schreiben, nehmen Dozierende Rücksicht auf Nichtmuttersprachler. Lehrende verstehen sich nämlich nicht als Sprachkursleiter*innen und sehen über kleine sprachliche Fehler hinweg. Nichtsdestotrotz hilft es natürlich, sein Englisch stets zu verbessern, um sich klarer ausdrücken und folglich bessere Noten erzielen zu können. (Link zum Education support: https://pearsonpte.com/preparation/resources/educationsupport/)
Prüfungsleistungen
Je nach Studiengang ist es in Deutschland üblich, im Rahmen des Masterstudiums neben Hausarbeiten o.Ä. auch Klausuren zu schreiben. In Großbritannien hingegen werden – natürlich abhängig vom Studienfach – keine Klausuren oder Tests im klassischen Sinne angeboten. Prüfungsleistungen umfassen dafür viele schriftliche Aufgaben (Assignments), zum Beispiel Essays, Reports und diverse andere Projekte. Wer also unter Prüfungsangst leidet, kann bei diesen Aufgaben punkten. Außerdem verlangen Dozierende, dass du dich in deinen Arbeiten kritisch mit Theorien auseinandersetzt und fordern dich in bestimmten Essays dazu auf, deine eigene Meinung – natürlich wissenschaftlich fundiert – einfließen zu lassen.
Intensive Vorlesungszeit
Während Prüfungen und Abgabetermine für Hausarbeiten in Deutschland meistens auf das Ende des Semesters oder in die vorlesungsfreie Zeit fallen, ist dies im Vereinigten Königreich etwas anders geregelt. Da sich die Endnoten in der Regel zu unterschiedlichen Anteilen aus mindestens zwei Prüfungsleistungen zusammensetzen, sind die ersten Abgaben schon mitten in der Vorlesungszeit parallel zu Seminaren und wöchentlichen Veranstaltungen fällig. Ohne ausreichendes Zeitmanagement kann es also ganz schön stressig werden.
Notensystem
Auch das britische Benotungssystem unterscheidet sich von dem Deutschen. Noten werden hier in Prozentwerten angegeben, wobei differenziert wird zwischen:
- Distinction (70%+): Das Erreichen des Distinction level ist vor allem für Studierende relevant, die später einmal eine akademische Laufbahn anstreben oder im Anschluss promovieren wollen.
- Merit (60-69%): Im deutschen System sind Ergebnisse zwischen 60 und 69% vergleichbar mit Noten zwischen 1,7 und 2,3.
- Referral (40-59%): Bei einer Benotung von 50% gilt die Abgabe noch als Pass. Noten zwischen 40 und 49% hingegen bedeuten, dass die Aufgabe zu einem späteren Zeitpunkt noch einmal abgegeben werden kann.
- Fail (39% und darunter): Diese Note sagt aus, dass man durchgefallen ist und die Aufgabe nicht wiederholen kann. Da sich die Gesamtnote jedoch meist aus unterschiedlichen Teilnoten zusammensetzt, besteht die Möglichkeit, mit einer anderen sehr guten Prüfungsleistung doch noch zu bestehen.
Zu Beginn eines jeden Semesters wird ein sogenanntes Module Handbook für den jeweiligen Kurs veröffentlicht, in dem genau formuliert ist, was durch die Aufgaben gelernt werden soll (Learning outcomes). Außerdem ist der Katalog wie ein Vertrag zwischen den Dozierenden und den Studierenden, in dem festgelegt ist, welche Anforderungen im Rahmen einer schriftlichen Arbeit erfüllt werden müssen, um die bestmögliche Note zu erhalten.
Internationale Studierendenschaft
Ein weiterer Unterschied zwischen Studiengängen in Deutschland und Großbritannien liegt in der multikulturellen Studierendenschaft. Britische Universitäten sind für ihre internationale Ausrichtung bekannt, die jedes Jahr viele junge Menschen von unterschiedlichen Kontinenten anlockt. Im Vereinigten Königreich lag der Anteil ausländischer Studierender im Jahr 2019 bei knapp 18%, während er in Deutschland ein Jahr zuvor bei unter 10% lag. Wenn du deinen Freundeskreis also um internationale Kontakte erweitern und andere Kulturen kennenlernen möchtest, bist du in einem britischen Studiengang genau richtig.
Students‘ Union
Der Studierendenvertretung kommt an britischen Universitäten eine wichtige Rolle zu. Bei der sogenannten Students‘ Union handelt es sich um eine unabhängige, von Studierenden geführte Organisation zur Repräsentation der Interessen aller Studierender gegenüber der Universität. Darüber hinaus ist die Students‘ Union für diverse Hochschulgruppen (sport clubs, societies), für die Vermittlung von Werkstudentenjobs und für die Organisation der Arrivals week für Erstsemester verantwortlich. Die Officers der Studierendenvertretung werden jedes Jahr demokratisch gewählt und sind außerdem die erste Anlaufstelle bei akademischen Angelegenheiten sowie bei Problemen mit der Unterkunft während des Semesters.
Zusammenfassed lässt sich sagen: Obwohl das Bachelor-/Master-System sowohl in Deutschland als auch in Großbritannien eingeführt wurde und die Abschlüsse dementsprechend gleichzusetzen sind, gibt es doch einige Unterschiede. Alles in allem bist du mit einem deutschen Bachelorabschluss jedoch bestens auf ein Masterstudium an einer britischen Universität vorbereitet, denn obwohl die Form und der Aufbau des Studiums etwas anders sind, bleiben die Grundlagen des wissenschaftlichen Arbeitens gleich: Eine intensive Recherche ist die halbe Miete und die Zitierweise ist in beiden Staaten – vorausgesetzt die Fachbereiche ähneln sich – fast identisch. Mit dieser Übersicht solltest du nun ein bisschen mehr Sicherheit haben und mit einem guten Gefühl in das Abenteuer Auslandsstudium starten.
Quellen:
DAAD-Bildungssystemanalyse. Vereinigten Königreich: Daten und Analysen zum Hochschul- und Wissenschaftsstandort | 2020